Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
                                      Ich bin der  RockRentner im Harz
          und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Schloss Wernigerode im Winter                                                                                      31.01.2021 Seit einigen Tagen liegt endlich Schnee, doch der Himmel überzieht das Ganze mit einem trüben, fast undurchsichtigen Schleier. Das schlägt aufs Gemüt in diesen kontaktarmen Zeiten und die Sehnsucht nach Nähe und viel Licht wächst, jedenfalls bei mir. Doch am heutigen Sonntag überrascht mich der Morgen mit Sonnenschein und einem strahlend blauen Himmel. In mir wächst die Lust auf Abenteuer im Schnee, am liebsten ganz weit oben, aber mindestens nah Drei Annen Hohne, also 500 Meter oder mehr. Doch es ist Wochenende und Lockdown. Ich wage mir erst gar nicht vorzustellen, was heute in Braunlage oder Torfhaus los sein wird. Also schrumpfen wir die Idee und beschließen, das alte Schloss in Wernigerode mal im Winter zu erwandern und einen Blick über die verschneiten Dächer der Stadt, mit dem majestätischen Brocken im Hintergrund, zu genießen. Der „normale“ Tourist stellt wahrscheinlich sein Fahrzeug auf dem großen Parkplatz auf dem Anger ab und steigt dann in die kleine Schlossbahn von Wernigerode. Doch die „Bimmel“ fährt gerade nicht und „normal“ ist auch nichts. Wir fahren vorbei an diesem Parkplatz, über den Kreisverkehr und hinauf bis zum Fürstlichen Marstall, am Lustgarten entlang. Am kleineren Parkplatz steigen wir aus und begeben uns nun auf die Schlosschaussee, die uns, am Hang vom Agnesberg entlang, nach oben bringen wird, Schritt für Schritt und altersgerecht ganz gemütlich. Als der Weg vor dem Prinzessinnenhäuschen eine Biegung macht, wählen wir mutig den Abzweig nach links und damit die steile, aber kürzere Variante, die mich binnen weniger Minuten zum Schwitzen bringt. An der hinteren Treppe zum „Traumschloss“ oberhalb brauchen meine Lungen dringend Luft und die Hüfte eine kleine Pause. Es ist frustrierend, nicht mehr so zu können, wie man gern möchte! Für den Hauch eines Augenblicks blitzt der wahnwitzige Gedanke auf, von hier aus die kurze Steigung bis zur Stempelstelle 31 auf dem Agnesberg zu wählen und mit dem Stempel im Wanderheft zurück zu kommen, um erst dann ins Schloss zu gehen. Meine Hüfte protestiert energisch und ich schließe mich schnell an. Der Weg über die wenigen Stufen hinauf zum historischen Gemäuer ist nun beschlossene Sache und ich zufrieden. Für einen Moment hatte ich wirklich geglaubt, dieser Vorschlag wäre ernst gemeint. Die Stufen sind schnell erklommen und dann tut sich ein wundervoller Blick hinauf zum alten Gemäuer auf: „Sie haben ihr Ziel erreicht“, sagt meine innere Stimme. Nur wenige Menschen sind hier unterwegs. Ich hatte Massen erwartet. Wir wenden uns nach links zur Aussichtsplattform, um den erhofften Blich auf die unten liegende Stadt und den Brocken genießen zu können. Das Erlebnis hatten wir schon einmal im Hochsommer. Damals war unsere Lily noch mit von der Partie. Nun also sind wir im Winter, im Schnee und ohne die Hundelady, hierher gekommen. Doch Pustekuchen - die Plattform ist verschlossen und der Blick auf die Dächer sowie den Berg durch einige kahle Äste, die von den Bäumen herab reichen, versperrt. Scheibenkleister! Auch anderen Besuchern, die an der Mauer eintrudeln, geht es ebenso und mancher kann seine Enttäuschung nicht verbergen. Eine junge Frau mit Kind öffnet allerdings ihre Thermosflache, gönnt sich einen Kaffee und dem Kind etwas Süßes zum Naschen. Da hatte sich jemand richtig gut vorbereitet. Alle anderen versuchen sich an einem Pärchen-Selfie, wir knipsen uns gegenseitig und wenden uns wieder rückwärts. Irgendwie fühlt es komisch an, leere Boutiquen und geschlossenen Pensionen zu passieren, wo sonst Händler in bunten Gewändern ihre Waren feilbieten und Stimmengewirr herrscht. Beklemmende Zeiten! Doch über dem großen Torbogen, hinter dem sich das ehemalige Torhaus befindet, eröffnet sich uns von einer kleinen Seitenfläche aus wider Erwarten ein wundervoller Blick bis zum Brocken. Wie schön! Natürlich nutze ich die Gelegenheit für ein paar schöne Fotos als Erinnerung. Dennoch, jetzt im Winter und nur wenige Besucher, strahlt die Schlossanlage fast eine geisterhafte Atmosphäre aus, irgendwie unwirklich und traurig zugleich. Tief in mir gärt der Wunsch, es möge bald vorüber sein, Corvid möge bald verschwinden und einige Leute in verantwortlichen Positionen mögen endlich ihre Hausaufgaben sowie ihre Arbeit machen oder Verantwortung abgeben. Doch schon beim nächsten Schritt sind meine Zweifel wieder da und die Erkenntnis, dass „die da oben“ sich selbst ganz anderen Idealen verpflichtet fühlen und im Kampf um Posten, Einfluss und Karriere „gefangen“ sind, als ausgerechnet dem Wohle ihres (Wahl)Volkes zu dienen. Dafür, und für nichts anderes, wurden sie demokratisch legitimiert und dafür sollten sie ihre ganze Energie und Zeit einsetzen. Denen ist noch nicht ins Bewusstsein gerückt, dass diese Pandemie auf dem besten Wege ist, ein ganzes Gesellschaftssystem infrage zu stellen oder letztlich sogar hinweg zu fegen. Sorry, aber hier läuft gerade einiges genau so schräg und schief, wie der Weg, der uns nun wieder abwärts führt und wenn am Ende des Weges eine bessere Lösung steht und Veränderungen warten – nur zu: „The Times They Are A-Changing“ (Dylan)! Wir laufen den Weg gemächlich abwärts und das Volk entgleitet allmählich der Politik. Wir laufen diesmal direkt am gräflichen Spielhaus, dem Prinzessinnenhäuschen“, vorüber, in dem die Kinder der Grafenfamilie sowie deren Gäste bei festlichen Anlässen betreut wurden. Ein gar zierliches Kleinod, von dem ich gern wissen würde, was heute darin geschieht. Ein Specht lenkt uns ab, aber er ist zu schnell und hat keine Lust, sich ablichten zu lassen. Wenige Minuten später steigen wir wieder ins Auto, fahren den Berg abwärts und verlassen Wernigerode, der Stadt entgegen, die uns seit sechs Jahren neues Zuhause und Ausgangspunkt für Exkursionen (und Konzertbesuche) geworden ist. Bitte noch recht lange!